Grundprinzipien unseres brasilianischen Vereins O pequeno Nazareno
1. Wenn ein Kind auf der Straße lebt, stellt diese Tatsache eine nicht zu rechtfertigende und eine zu tiefst grausame Menschenrechtsverletzung da.
2. Wenn ein Kind auf der Straße lebt, wird es zu einem Opfer zerstörender Einflüsse seiner Psyche und seiner Persönlichkeit.
3. Einem Kind, das auf der Straße lebt, kann einzig und allein dadurch konkret geholfen werden, das es eine Chance bekommt auf ein Leben jenseits der Straße. Ambulante medizinische Versorgung, Speisen oder Kleidungsausgabe, Freizeitgestaltung, Sport und Spiele, die auf der Straße durchgeführt werden, sind daher unzureichend und müssen dem oben genannten Prinzip untergeordnet sein.
4. Je länger ein Kind der alles zerstörenden Kräfte auf der Straße ausgesetzt ist, desto höher ist die Gefahr, dass er/sie es nicht mehr schafft von der Straße zu kommen. Dem Kind sollte daher möglichst früh konkrete Hilfe geboten werden.
5. Jedes Kind und jeder Jugendliche, der auf der Straße lebt, hat ein Recht darauf wieder zur eigenen Familie zurückzukehren, oder falls diese Möglichkeit nicht besteht, jenseits der Straße zu wohnen und aufzuwachsen. Das erste Grundrecht eines ?Straßenkindes“ besteht darin nicht auf der Straße leben zu müssen.
6. Ein Kind muss so lange von einer Organisation aufgenommen werden können, bis es wieder in die Familie eingegliedert werden kann, ohne Gefahr zu laufen von dort wieder zur Straße zurückzukehren. Falls diese Rückkehr nicht möglich ist, muss dem Kind die Möglichkeit gegeben werden in Sicherheit unter Obhut eines Vereins, Ersatzfamilie etc. aufzuwachsen und so lange zu bleiben bis er/sie sein Leben selbst in die Hand nehmen kann. Eine grundsätzliche Beschränkung der Aufnahmezeit ist daher strikt abzulehnen.
7. Während der Zeit, in der ein Kind bei einem Verein, Organisation oder anderen Gruppierungen lebt ist es notwendig die Kontakte mit der eigenen Familie wieder herzustellen, Besuche zu fördern und alles zu unternehmen um die Beziehung mit den Eltern und Verwandten zu pflegen. Wenn eben möglich sollte die Familie sozial betreut werden. In den Fällen aber, wo das Kind sich weigert, die Eltern zu besuchen und Kontakte mit ihnen zu pflegen, sollte der Wille des Kindes auf alle Fälle respektiert werden.
8. Die monatlichen Unterhaltskosten, die durch die Betreuung eines Kindes, das vorher auf der Straße gelebt hat, für einen Verein oder Ersatzfamilien notwendiger Weise entstehen, sollten vom brasilianischen Staat vollends getragen werden, gerade auch unter dem Hintergrund, dass aus dem Kind, welches auf der Straße bleibt fast mit ziemlicher Sicherheit ein straffälliger Jugendlicher und ein sozial schwacher Erwachsener wird und die Kosten für seine zu späte Betreuung oder Inhaftierung um ein vielfaches höher liegt als die Kosten die z.B. im Nazareno-Dorf anfallen.
9. Wir sind überzeugt, die Zeit ist gekommen, es nicht mehr zu akzeptieren, dass Kinder in Brasilien auf der Straße leben.
10. Wir sind überzeugt, dass es möglich ist, den Kindern, die heute in Brasilien auf der Straße leben, ein menschenwürdiges Leben außerhalb der Straße zu gewährleisten.
Wir möchten daher durch gezielte und kreative Öffentlichkeitsarbeit der brasilianischen Gesellschaft unsere Position zur Bekämpfung dieser nationalen Tragödie vorstellen.